Bipolar - Weg in die Gesundheit

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Ying Yang
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Version 1.7 letzte Aktualisierung 22.05.2018

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Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

Inhalt:
Ein wichtiger Baustein
Denkmuster
gesunde und ungesunde Gefühle
KVT bei Depressionen
Das Selbstwertgefühl steigern
So alt, dass es Naturvölker schon wussten
Schlusswort und Übung

Baustein moderner Therapie

Ein wesentlicher Baustein der modernen Therapie bei Depressionen und bipolaren Erkrankungen ist die kognitive Verhaltenstherapie.

Hier geht es darum Denkmuster, die in extreme Gefühle münden, zu ergründen und so zu verändern, dass die Gefühle erkannt und benannt werden können, statt zu krankhaften Überreaktionen zu führen. Die Methoden lassen sich nicht auf krankhafte Erscheinungsformen allein anwenden, sondern sind inzwischen auch ganz allgemein Bestandteil in vielen Kommunikations- und Mediationskursen. Denn oft spielen bei Konflikten verdeckte Emotionen eine große Rolle. Der Streit liegt nicht auf der Sachebene und ist deshalb auch oft schwer lösbar.

Ziel der Kognitiven Verhaltenstherapie ist es Denkmuster zu verändern, um das Verhalten auf bestimmte Emotionen damit zu verändern. Gerade in der Depression sind die Verhaltensmuster von (selbst-)zerstörerischem Charakter, und wenn es gelingt eine neue Sichtweise zu schaffen, durch die sich ein Verhaltensmuster ändert, führt das zu normalen Verhalten und damit weg von der Depression.  

Zu betrachten sind hier also die auslösenden Situationen, ihre Bewertung mit den Emotionen und dem Verhalten, wie es gewöhnlich abläuft. Daraus kann dann mit einer Veränderung der Bewertung eine veränderte Emotion mit einem neuen Verhalten eingeübt werden.

Dieser Weg ist nicht einfach, er sollte therapeutisch begleitet werden und es gibt Hilfsmittel (Formulare), die man nutzen kann. Das Buch "Kognitive Verhaltenstherapien" für Dummys beschreibt die Grundlagen ganz gut. 

Zitat: "Ihre Denkweise wirkt sich auf Ihre Gefühle aus. Die Veränderung negativer Denkmuster ist deshalb ein Schlüssel zu einem besseren Lebensgefühl."

Denkmuster erkennen

Es gibt verschiedene Denkmuster, die uns in die Irre leiten, wie:

Diese Denkmuster gilt es zu erkennen und sie in andere Bahnen zu lenken. Dabei kann ein ABC-Formular I (Abkürzung ABC ergibt sich aus dem englischen) eine sinnvolle Unterstützung bieten. Dieses sollte man ausfüllen, wenn man emotional erregt ist und ein Verhalten gezeigt hat, das man ändern möchte.

Datum:   ABC-Formular I
     
Auslösendes Ereignis Überzeugungen Denkfehler
3. Was die Gefühle ausgelöst hat


4. Gedanken und Überzeugungen 5.Denkfehler (Muster) identifizieren
 
Konsequenzen
1. Gefühle

2. Verhalten

Unter Konsequenzen (c = consequences) versucht man zunächst das Gefühl zu identifizieren, also Dinge wie Ärger, Neid, Schuld, Verletztheit, Scham, Angst, Niedergeschlagenheit, Wut, Eifersucht.

Unter Verhalten kommt nun das Verhalten, was durch das Gefühl ausgelöst wurde, wie "aggressiv geworden", "zu viel gegessen", "Alkohol konsumiert", "mich zurückgezogen", "Etwas vermieden", "Bestätigung gesucht", "Flucht aus der Situation".

Nun wird das auslösende Ereignis beschrieben (A = Auslöser): Was gerade passiert ist, etwas in der Vergangenheit passiert ist, etwas was vielleicht passieren wird, eine körperliche Empfindung wie Herzklopfen, Schweiß, Kopfschmerzen.

Nun werden die Überzeugungen (B = beliefs) ermittelt und eingetragen, beispielsweise "Das hätte ich wissen müssen", "Ich bin wirklich zu nichts zu gebrauchen", "Was ist das für ein Idiot", "Nur Verrückte arbeiten hier", etc.

Schließlich wird versucht den Denkfehler (Denkmuster) zu identifizieren wie Schwarz-Weiß Malerei, Katastrophisieren, etc. Um den Denkmustern auf den Grund zu gehen, helfen Fragen:

Wenn man sich mit dem ABC-Formular I sicher fühlt kann man mit dem Formular II einen Schritt weiter gehen. Hier sollen die negativen Gedanken hinterfragt werden, um sie abzuschwächen und neue Denkweisen zu entwickeln.

Datum:   ABC-Formular 2  
 
A. auslösendes Ereignis B: Überzeugungen C: Konsequenzen von A+B D: Diskutieren E: Effekt
Ereignis, das eine Situation oder Empfindung auslöst

z.B. Umstrukturierung am Arbeitsplatz
Was bedeutet das für mich?

z.B. ich werde meinen Job verlieren. Ich bin zu oft krank gewesen, jetzt bekomme ich die Quittung
Gefühle
z.B. Angst 70 %,
Scham 80%, Wut 50 %
Die Überzeugungen hinterfragen (Muster identifizieren)

z.B. ich habe viel Erfahrung, die benötigt wird, ich muss Fakten sammeln, was wirklich geplant ist.
Gefühle
Neueinschätzung  der Gefühle in Prozent
z.B. Angst 50 %,
Scham 20%, Wut 40 %
Verhalten
z.B. Vermeidung, Rückzug, Alkohol, Anerkennung suchen
alternatives Verhalten
Gespräch mit Vorgesetzen zur Struktur und persönlichen Perspektiven suchen

Es wird beobachtet welche Muster häufig auftauchen, diese können dann gezielt weiter bearbeitet werden. Manchmal hat es auch schon einen großen Effekt alte Formulare mal wieder anzuschauen. Oft kann man selbst nach einiger Zeit gar nicht mehr glauben, dass man mal solche Gefühle und Überzeugungen hatte. Dieser Lerneffekt hilft dann auch mehr Geduld zu entwickeln, nach dem Moto: "Bevor ich hier jetzt eine Lawine lostrete, sollte ich das noch eine Nacht überschlafen und morgen sehen, ob es immer noch so dringend ist zu reagieren."

Gesunde und ungesunde Gefühle

Es gibt bei Gefühlen unterschiedliche Ausprägungen, die man in gesund und ungesund  einteilen kann. Beispielsweise gibt es das Gefühl Angst und das sehr ähnliche Gefühl Besorgnis. Der Unterschied besteht in der Bedrohlichkeit, die das Gefühl für den Betroffenen darstellt und damit seine Handlungsweise beeinflusst. Eine Besorgnis vor gefährlichen Situationen ist ein gesundes Gefühl, das zu Wachsamkeit und Vorsicht führt, während Angst lähmt. Jemand, der gerne eine Reise in ein fernes Land unternehmen würde, aber aufgrund von Flugangst die Reise unterlässt, nimmt sich selbst ein Stück Lebensfreude, erreicht vielleicht ein Lebensziel nicht. Dagegen kann man sich mit der Besorgnis, das ein Flug ein Risiko darstellt, das man dann rational betrachtet als gering einstufen muss, trauen, die Reise anzutreten. Das flaue Gefühl beim Fliegen ist zwar vorhanden, aber es kann ertragen werden und lähmt nicht die Realisierung eines Lebensziels.

In der Literatur wird das Augenmerk bei der Unterscheidung von gesunden und ungesunden Gefühlen auf die negativen Gefühle eingeschränkt, da diese zumeist die Hauptursache der verbreiteten Depressionen, Angsterkrankungen usw. sind. Hier gibt es die Unterscheidungen:

ungesund gesund
Angst überschätzt den Grad der Bedrohung Besorgnis betrachtet Risiken, erhöht Vorsicht
Depression Versagensgefühle über die reale Situation hinaus, Handlungsunfähigkeit Traurigkeit sieht die Begrenztheit der Situation, die Zukunft ist nicht völlig hoffnungslos
Wut Geht von absichtsvollen Handeln des Gegenübers aus, kann nicht die Perspektive des Gegenübers einnehmen Verärgerung Ärger über Handlung einer Person, nicht über die Person selbst, räumt ein, dass es keine Absicht war
Scham Überschätzt die Missbilligung einer Tat, sieht sich insgesamt als Böse nicht nur eine Einzeltat, die nicht die ganze Person ausmacht Bedauern Schätzt die Missbilligung realistisch ein, kann sich entschuldigen ohne lebenslange Reue zu schwören
Verletztheit Überschätzt die Unfairness am Verhalten eines anderen, erwartet vom anderen den ersten Schritt zur Lösung Enttäuschung schätzt Unfairness realistisch ein, versucht, die andere Person zu fairerem Verhalten zu bewegen
Eifersucht Überschätzt die Bedrohung der Beziehung Sorge um Partnerschaft schätzt die Bedrohung realistisch ein
Neid kritisiert das begehrte Objekt oder den Besitzer des Objektes Begehren versucht mit Zielstrebigkeit und Fleiß das Objekt zu erlangen
Schuld Hält sein Vergehen für eine Sünde, ignoriert mildernde Umstände, sucht Strafe evtl. auch durch Selbstbestrafung Gewissensbisse übernimmt Verantwortung für begangene Fehler, Bitte um Vergebung

Für die meisten Menschen sind diese negativen ungesunden Gefühle, besonders, wenn sie sie bei anderen Beobachten, sofort nachvollziehbar. Viel schwieriger ist es mit dem Identifizieren der positiven ungesunden Gefühle, die eine Manie begleiten. Da der manische Mensch, besonders in der Anfangsphase oder in den produktiven hypomanischen Phasen ja glücklich, selbstsicher und stark wirkt, ist das Erkennen hier sehr viel schwieriger. Ich versuche mal eine entsprechende Gegenüberstellung, aus eigenem Erleben.

ungesund gesund
arrogant tritt übertrieben selbstsicher auf, weiß alles besser, nimmt Hinweise anderer nicht ernst selbstsicher verfolgt sein Ziel, bleibt aber für Kritik offen, kann auf Hinweise anderer eingehen und besteht nicht auf dem eigenen Lösungsweg
übermütig traut sich viel mehr zu, als er in der Vergangenheit leisten konnte, weist Gefahren leichtfertig von der Hand mutig traut sich an schwere Aufgaben heran, sieht die Gefahren und schätzt sie realistisch ein
überglücklich sieht die Welt rosarot, alles ist gut und Gefahren gibt es nicht glücklich kann einen Erfolg oder angenehme Situation genießen, weiß um die Endlichkeit dieses Gefühls
unerschütterlich kann andere mitreißen, hat eine Ausstrahlung, der man sich kaum entziehen kann, duldet keine Kritiker, badet in Anerkennung motivierend kann andere begeistern, versucht auf ein Ziel einzuschwören, geht auf Kritik ein, genießt Anerkennung, duldet aber auch Kritiker
überschwänglich begeistert sich für eine Sache übertrieben, sieht nur noch diese eine Aufgabe, Sammlung, etc. vernachlässigt andere Themen und soziale Kontakte etc. interessiert interessiert sich für ein Thema, kann sich damit lange beschäftigen, opfert Freizeit für eine Sache, bleibt offen für andere Themen, hält sozialen Kontakt zu anderen Themen etc. aufrecht.

Es fällt schwer, richtige Bezeichnungen für ungesunde positive Gefühle zu finden. Der Grat ist hier besonders schmal zwischen gesund und ungesund. Am ehesten ist wohl die starre extreme Einstellung hier ein Anzeichen, dass ein positives Gefühl in den Zustand einer Manie kippt.

So wie bei negativen Gefühlen eine Verbindung zu Gedanken, Vorstellungen, Handlungen, Erinnerungen und körperlichen Empfindungen existiert, gibt es das natürlich auch bei den positiven Gefühlen. Ein Eingreifen an einer Stelle wirkt sich auf das gesamte Zusammenspiel aus. So wie Antidepressiva die Aktivität steigern können und damit den Teufelskreis negativer Gedanken und Gefühle unterbrechen, so können Stimmungsstabilisierende Medikamente auch die positiven Gefühle bremsen und damit eine Hilfe stellen.

Die kognitiven Verhaltenstherapie bildet hier für beide Extreme eine gute Herangehensweise an die Veränderung. Die Beobachtung sowohl positiver als auch negativer Gefühle und die Veränderung auf gesunde Gefühle sowohl positiv wie negativ hilft zu weniger extremen Bewertungen, schwächt dadurch emotionale Ausschläge ab und stellt damit eine Alternative oder Ergänzung zur Medikation dar.  

KVT bei Depressionen

Depressionen sind gekennzeichnet von ungesunden negativen Gedanken. Es entsteht ein Teufelskreis. Man fühlt sich schlecht. Man möchte am liebsten die Decke über den Kopf ziehen und nicht mehr verfügbar sein. Dann fühlt man sich noch schlechter, weil man das was man meint, das man es hätte tun müssen, nicht getan hat. Den Teufelskreis gilt es zu durchbrechen. Für mich war es schwierig in einer solchen Stimmung aus den Gedanken herauszukommen, und eine Verminderung der empfundenen Schuld durch umdeuten in Betroffenheit, war gar nicht möglich. Anderen mag es anders gehen, aber ich habe den Teufelskreis mit einem festen Aktivprogramm durchbrochen, das ich auch bei schlechtester Stimmung und miesestem Wetter durchgehalten habe. Eine halbe Stunde joggen ist Aktivität und ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Danach bin ich eher bereit die Gefühle im Rahmen der KVT näher zu betrachten. Genauso kann hier aber auch ein Spaziergang, ein Besuch bei Verwandten oder Freunden, ein Nachmittag mit seinem Kind auf dem Spielplatz oder auch ein kleiner Genuss, den man sich sonst nicht gönnt, wie ein Eisbecher in einem Café der kleine Funke sein, der den ersten Schritt aus dem Teufelsreis heraus ermöglicht. Alles, was Passivität in Aktivität ändert, alles was man tut, obwohl man gerade jetzt gar nicht in der Stimmung dazu ist, ist gut.

Im Rahmen der kognitiven Verhaltenstherapie sind einige hilfreiche Denkmuster zur Verbesserung der Situation:

Das Selbstwertgefühl steigern

Das Wesentliche beim Selbstwertgefühl ist das Erkennen des eigenen Wertes unabhängig vom Bild und der Bewertung anderer. Jeder Mensch ist ein liebenswertes Individuum. Kein Mensch ist vollkommen, sondern wir haben alle viele Fehler aber auch ganz eigene Stärken. Oft bewerten wir unsere Fehler übermäßig hoch und unsere Stärken als geringwertig, oder bei der Manie fühlt man sich unendlich stark und absolut fehlerfrei. Wichtig ist ein realistisches Selbstbild. Hier hilft das Beobachten statt bewerten besonders weiter. Wenn ich ein tolles Bild gemalt habe, habe ich offensichtlich eine gewisse künstlerische Begabung. Das macht mich weder wertvoller, noch ist es schlechter oder besser als das Talent eines anderen. Wenn ich in einer emotionalen Situation die Kontrolle verloren habe, vielleicht übertrieben laut geworden bin, dann habe ich einen Fehler begangen, aber bin deshalb kein wertloser Tölpel. Ich kann versuchen meine Fehler zu erkennen und daran zu arbeiten, Verhalten, mit dem ich mir schädige, weil es andere ärgert, zu verändern. Ich kann kein anderer Mensch werden.

Es gibt jede Menge Ratgeber und auch Kurse zur Steigerung des Selbstwertes oder des Selbstbewusstseins. Sie sind mehr oder weniger hilfreich. Mit Übungen kann man lernen mit Situationen wie freiem Reden vor anderen besser umzugehen, aber das Selbstwertgefühl muss von innen wachsen. Wenn ich lerne vor Anderen etwas zu präsentieren, was ich früher nicht konnte, dann kann das das Selbstwertgefühl steigern. Wenn es nur ein aufgesetztes Schauspielern ist, wird dieses Selbstwertgefühl bei der ersten Störung aber bröckeln. Erst wenn

dann habe ich echtes Selbstbewusstsein aufgebaut und ich werde auch mit Störungen umgehen können. 

Keine Selbstwertverstärker

Es gibt Verhalten, das Selbstwert vorspielen soll, aber genau das Gegenteil erreicht. Falsches Selbstwertgefühl wird oft als Arroganz enttarnt. Wie ungesunde Gedanken sollte man diese Gedanken und Verhaltensweisen meiden:

 

So alt, dass es Naturvölker schon wussten

In einem Roman über die Aborigines Australiens, der recht gut die überlieferten Denkweisen dieses Urvolkes beschreibt, fand ich, dass das, was heute als kognitive Verhaltenstherapie bekannt ist, keine Errungenschaft unserer Zivilisation ist. Es sieht vielmehr danach aus, dass wir verlernt haben Grundweisheiten über Gefühle in der Kindheit zu erwerben. Was seit Jahrtausenden im australischen Busch jedes Kind lernte, ist bei uns nicht mehr vorhanden. So kennen auch die Aborigines negative Gefühle, die die Lebensenergie blockieren. Ein paar Zitate:

Buchdeckel Traumreisende"Das Gefühl des Zorns ist geformt wie ein Speer. Wenn einer zornig wird, dann kann die Lebensenergie nicht frei fließen wie Wasser über glatte Felsen, sondern wird seitlich abgelenkt und wird scharf und spitz. Sie gräbt sich in den Körper ein, und verletzt die Organe. .... Neid, Eifersucht oder Schuldgefühle sind vielschichtiger als Sorgen, und die Knoten können sich in deinem Magen oder unter deiner Haut festsetzen oder den Fluss des Lebens an irgend einer anderen Stelle verlangsamen. ... Die Angst bringt die Dinge zum Stillstand. Sie stört den Blutkreislauf, den Herzschlag, die Atmung, das Denken, die Verdauung - alles. ... Du bist verantwortlich für Deine Energie und für die Disziplinierung deiner Gefühle. Jeder erlebt, wie es sich anfühlt, wenn man sich in einem negativen Zustand befindet, aber darin zu verweilen und nichts daraus zu lernen, ist unverantwortlich, unreif und nicht weise. Es gibt lebendige und nichtlebendige Zeit. .... Niedergeschlagenheit bedeutet, deine Zeit nicht lebendig zu verbringen."

Noch ein gutes Beispiel aus dem Buch, dass ich als Lektüre absolut empfehlen kann: "Die Zeit ist ein Kreis, und unsere Beziehungen sind ebenfalls Kreise. Als Kinder der Aborigines haben wir früh gelernt, wie wichtig es ist, jeden Kreis, jede Beziehung zu schließen. Wenn es eine Meinungsverschiedenheit gibt, dann bleiben wir wach, bis sie gelöst ist. Wir würden nicht schlafen gehen in der Hoffnung, morgen oder an irgendeinem zukünftigen Tag eine Lösung zu finden. Denn das würde bedeuten, einen Kreis offen zu lassen, mit losen Enden." ... "Aber was ist, wenn es wirklich eine schwerwiegende Angelegenheit wäre? Nimm beispielsweise an, ein Verwandter von dir würde Dinge tun oder sagen, die dich sehr verletzen, die dich wirklich aufbringen. Die Person benähme sich wirklich auf eine Weise, die  - wie ihr sagt - für Dich nicht gut riecht. Was würdest du in solch einer Beziehung mit dem Kreis machen?" "Ich würde sehr entschieden zu dem Verwandten sagen: 'Ich hab Dich lieb, aber ich mag nicht, wie du handelst. Ich merke, dass das kein Irrtum von dir ist. Ich weiß, es ist richtig für dich, so zu sein, weil du dich entschieden hast, dich auf diese Weise auszudrücken. Aber ich habe es versucht, und ich kann das was Du sagst und tust, nicht als richtig für mich akzeptieren, also muss ich unsere Beziehung nun loslassen. Ich kann keine weitere Energie mehr hineinstecken. Ich hab Dich lieb, aber ich mag das nicht was du tust. Und deshalb wünsche ich dir das Beste und sage Dir Lebewohl.'"

Noch ein letzter Absatz zum Thema Bewertung von Gefühlen aus dem Buch, aus der unterschiedlichen Sichtweise der Aborigines und der modernen Menschen: "Da ich in der Stadtwelt aufgewachsen bin, hat man mich gelehrt, alles zu beurteilen: die Menschen nach ihrem Aussehen, den Besitz nach seinem Wert, den Tag nach dem Wetter, die Gesundheit nach dem jeweiligen Grad eventuell vorhandener Schmerzen. Die Welt ist voll von kundigen Richtern, die sich nie ganz einigen können. ... Hier in der Wüste habe ich das Beobachten gelernt. Urteilen bedeutet über Richtiges und Falsches oder Abstufungen davon zu entscheiden. Wenn du urteilst, machst du dich automatisch zur anderen Hälfte der Gleichung. Du musst also auch Vergebung erfahren und erlernen. ... Das Beobachten ist eine völlig andere innere Einstellung. Sie erfordert den Schritt des Verzeihens nicht. Du erkennst alle Menschen als Ewige Seelen an, erkennst an, dass sie sich alle auf ihrer Reise durch die Schule menschlicher Erfahrung befinden, und du erkennst an, dass alle Seelen die Gabe des freien Willens und der Wahlfreiheit besitzen, die der Schöpfer ihnen geschenkt hat. Mit anderen Worten, Menschen, die anders sind als du, haben nicht unrecht. Sie treffen einfach andere spirituelle Entscheidungen."

Es gibt noch eine Reihe weiterer guter Denkanstöße in dem Buch, mit denen wir unsere eigenen Denkweise überprüfen können.

Eine schöne Überleitung ist die Wahlfreiheit der Entscheidung auch zu einer selbstbestimmten Lebensführung.

Schlusswort und Übung

Ein wichtiger Leitsatz, der für die kognitive Verhaltenstherapie gilt, habe ich auch als eine Art Mantra in einem Atemtherapiekurs kennen gelernt: "Es ist, wie es ist. Das ist weder gut noch schlecht" - Das passt zu den Aborigines und dem "beobachten statt bewerten".

Einfach mal ausprobieren, z.B. bei der nächsten Autofahrt. Statt zu sagen oder denken: "So ein Idiot. Nimmt mir die Vorfahrt, kann der keine Schilder lesen?", einfach nicht bewerten, sondern beobachten: "Der ist jetzt ohne anzuhalten weitergefahren, dabei habe ich Vorfahrt gehabt. Wer weiß, was ihn so abgelenkt hat, vielleicht muss er eilig irgendwo hin. Gut dass ich rechtzeitig bremsen konnte". Schon bleibt man im inneren Gleichgewicht, der andere wird respektiert, das Fehlverhalten wird registriert aber nicht verurteilt. Wie einfach, inneren Frieden zu finden!    

Und wenn man es übt, macht es richtig Spaß und man verändert sich ganz von allein.

 

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